Mittwoch, 15.10.08


"Christentum und Islam"


im evangelischen Gemeindehaus


Vorträge und Diskussion mit
Prof. Dr. Hartmut Bobzin, Erlangen
Prof. Dr. Wolfgang Klausnitzer, Bamberg


Eröffnet wurde der Abend nach der Begrüßung durch Pfarrer Wilfried Lechner-Schmidt durch den Vortrag "Wie christlich ist der Koran?" von Prof. Dr. Hartmut Bobzin. Anschaulich wurde den Zuhörern dabei erläutert, wie und warum der Koran als Buch entstand, da er ursprünglich nur mündlich überliefert wurde und dies auch ein Kernstück der islamischen Philosophie ist. Neben vielen Ähnlichkeiten zum christlichen Glauben hat der Islam kein Verständnis für die Dreieinigkeit Gottes - das Christentum wird als polytheistisch (= mehrere Götter) angesehen. Der inhaltliche Dialog der beiden Religionen gestaltet sich trotz vieler Gemeinsamkeiten schon deshalb als schwierig, weil die Aussagen des Koran zum Christentum und die Bibel sich durchaus in einigen Punkten widersprechen. So behauptet der Koran z.B. die "drei Götter des Christentums" seien Gottvater, Jesus und Maria - eine Ansicht, die nur in der frühchristlichen Zeit und nur in wenigen Gemeinden galt. Jesus selbst ist für Moslems (nur) einer der Propheten (der letzte Prophet ist Mohammed), auch seine Geburt durch die Jungfrau Maria ist im Koran enthalten. Allerdings wird Gott nicht als Vater Jesu gesehen.

Mit der Rolle Jesu im Koran beschäftigte sich der zweite Vortrag des Abends "Jesus im Koran" von Prof. Dr. Wolfgang Klausnitzer, der mit der in der christlichen Theologie unterschiedlichen Sichtweise Jesu (mehr Gott oder mehr Mensch) begann. Dies wurde und wird von verschiedenen Theologen durchaus unterschiedlich gesehen, wobei auch zeitliche Strömungen eine Rolle gespielt haben. Interessant im Zusammenhang mit dem Islam ist auch der in und zwischen frühen christlichen Gemeinden herrschende Streit, ob zum Christwerden das vorherige Bekenntnis zum Judentum erforderlich sei oder nicht. Für den ebenfalls aus jüdischen Wurzeln stammenden Islam waren natürlich nur die sogenannten Judenchristen interessant, alle anderen sind ohnehin Ungläubige. Das Erscheinen Jesu im Koran ist denn auch das eines Propheten - in dieser Eigenschaft ist Jesus aber ein fester Bestandteil des islamischen Glaubens. So hat jüngst eine Darstellung Jesu und seiner Jünger als Homosexuelle in einem Theaterstück zunächst nur Moslems zu öffentlichen Protesten wegen der Verunglimpfung des "Propheten" Jesus veranlasst - Christen haben sich interessanterweise diesem Protest erst nachher angeschlossen.

Diese Geschichte nahm Herr Prof. Klausnitzer auch zur Beantwortung der in der Diskussion gestellten Frage, warum sich derzeit der Islam vor allem in der dritten Welt schneller verbreitet als der chsristliche Glaube. Neben der Tatsache, dass der Islam "einfacher" ist (der Koran gibt zu fast allem einen eindeutige Antwort) spielt auch die wesentlich größere Solidarität untereinander der Moslems weltweit dabei eine entscheidenen Rolle. Die oben genannten Proteste und auch der Proteststurm der arabischen Welt gegen eine in Dänemark erschienene Karikatur wären in diesem Umfang in der christlichen Welt zur Zeit kaum zu erwarten.


Hinweis:
Für diese Veranstaltung wurde auf der Webseite und in der Festschrift als Ort versehentlich der katholische Pfarrsaal angegeben. Bei allen, die dadurch in die Irre geleitet wurden, möchte wir uns an dieser Stelle zu tiefst entschuldigen und hoffen, dass Ihnen die Hinweisschilder doch noch den richtigen Weg gezeigt haben.